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Rote Karotte

Flugzeugabsturz: Die Einordnung eines Piloten


Am 09.01.2021 stürzte die Boeing 737-500 einer indonesischen Billig-Airline kurz nach dem Start in Jakarta ab. An Bord waren 50 Passagiere und 12 Crewmitglieder.


Danny ist studierter Ingenieur und arbeitet seit zwei Jahren als Pilot bei der Lufthansa. In einem Interview beantwortet er Fragen zu dem Absturz.


Das Flugzeug verlor innerhalb einer Minute 3000 Meter Höhe – wie schlimm ist das?

Ungewollter Höhenverlust ist generell immer ein Problem. Drastisch ausgedrückt: Solange man in der Luft ist, ist eigentlich alles ok. Der Tod tritt meistens erst dann ein, wenn das Flugzeug auf den Boden trifft.

Aber natürlich muss man zum Landen Höhe verlieren. Dafür gibt es bestimmte Geschwindigkeitsbegrenzungen. Diese Grenzen gelten nicht aufgrund von technischen oder physikalischen Beschränkungen, sondern sind so festgelegt, dass man immer genug Zeit hat, bevor man landet.

3000 Meter Höhe in einer Minute zu verlieren ist sehr viel. Zur Einordnung: Das Flugzeug ist 3 Mal so schnell gesunken, wie man von Reiseflughöhe sinkt und sogar 10 Mal so schnell, wie man beim Endanflug sinkt.


Das Flugzeug verschwand vom Radar – wie kann das passieren?

Es gibt zwei Radarsysteme: Das Primärradarsystem funktioniert über Radarstationen am Boden, die Signale aussenden und auf ein Echo der Flugzeuge reagieren. Aufgrund der Erdkrümmung kann ein Flugzeug, wenn es zu niedrig fliegt, nicht mehr erfasst werden. Es fliegt sozusagen „unter dem Radar“. Andere Gründe können Entfernung oder auch Berge sein – aber das dürfte in diesem Fall nicht das Problem gewesen sein. Wenn ein Flugzeug in der Luft auseinanderbricht, könnten die Einzelteile auch zu klein sein, um das Signal zu reflektieren.

Beim Sekundärradarsystem sendet das Flugzeug selbst ein Signal aus. Das Signal kann abbrechen, wenn ein technisches Problem auftritt, oder die Piloten es bewusst ausschalten.

Das Flugzeug war 26 Jahre alt – wie alt ist das für ein Flugzeug?

Für die kommerzielle Nutzung ist das eher, aber nicht außergewöhnlich alt. Solche Flugzeuge haben ungefähr eine Lebensdauer von 30 Jahren. Entscheidend ist die Wartung.

Der Start wurde wegen starkem Regen um 30 Minuten verschoben. Wann und wieso wird Regen zum Problem?

Beim Starten kann eine nasse Landebahn zum Problem werden. Nämlich dann, wenn man den Start abbricht und bremsen muss. Das geht auf einer nassen Landebahn schlechter.

Außerdem ist Vereisung ein großes Problem. Dafür braucht es einerseits Wasser und andererseits Temperaturen um die null Grad. Wenn man steigt, wird es auch schnell kälter und dann kann es zur Vereisung kommen, obwohl es am Boden angenehm warm war. Vereisung macht das Flugzeug schwerer und die Flügel weniger aerodynamisch.

Ein weiteres Problem ist, dass sehr starker Regen vertikale Winde nach unten induzieren kann. Diese Winde können das Flugzeug nach unten drücken.


Um die Unglücksursache aufzuklären, hilft der sogenannte „Flugschreiber“. Was genau ist das?

Der Flugschreiber besteht aus zwei Bestandteilen: Zum einen den Flight-Data-Recorder, der sehr viele Flugdaten speichert anhand derer im Nachhinein rekonstruiert werden kann, was im Flugzeug passiert. Zum anderen den Cockpit-Voice-Rekorder. Dieser zeichnet alle Akustiksignale im Cockpit auf. Anhand der Kommunikation der Piloten lässt sich vielleicht nachvollziehen, ob es ein menschliches Problem gab. Der Flugschreiber ist sehr stabil, damit er einen Absturz übersteht.


Wie kann man diesen kleinen Kasten finden?

Die Flugschreiber hat einen Sender an Bord. Sobald die Box Wasser detektiert, fängt sie an eine Art „Hallo, hier bin ich!“ Ultraschall-Signal zu senden, um gefunden zu werden.


Inzwischen wurde die Black-Box gefunden. Nun werden die Daten ausgelesen. Wann rechnest du mit einer Aufklärung der Ursache?

Im besten Fall dauert es ein paar Stunden bis Tage, die Daten auszulesen. Aber je nach dem wie kaputt die Black-Box ist, kann die Auslesung auch wesentlich aufwendiger sein. Eine anschließende Unfalluntersuchung dauert Monate bis Jahre. Dabei ist der Flugschreiber nur ein Teil der Auswertung. Hinzu kommen Wartungsdaten, Rekonstruktionen der Trümmerteile und so weiter.


Die FAZ unterstellt Indonesiens Flugbranche eine „Schlechte Sicherheitsbilanz“. Warum sind manche Airlines sicherer als andere?

Grundsätzlich gibt es verschiedene Kategorien von Unfällen. Die Hauptursache ist menschliches Versagen, zum Beispiel durch die Piloten oder Fluglotsen. Dann kann es auch zu einem Fehler in einem technischen System kommen. Oder einen terroristischen Anschlag. Wenn man nun überlegt, ob manche Regionen eine bessere Sicherheitsbilanz als andere haben, muss man nach den verschiedenen Unfallursachen differenzieren.

Grundsätzlich gilt aber: Sicherheit kostet viel Geld und bringt zunächst einmal nichts ein. Wie viel Sicherheit wert ist, entscheidet jede Airline im Rahmen der gesetzlichen Mindestmaßstäbe selbst. Neben Geld ist aber auch Kommunikation und eine offene Fehlerkultur wichtig.

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