Vor dem Cottbusser Landgericht wurde am Donnerstag ein 50-Jähriger Mann zu einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung verurteilt. 2016 wurde er am Flughafen Schönefeld bei dem Versuch erwischt, 600 Kilogramm Elfenbein nach Vietnam zu schmuggeln: Es seien angeblich Kaminuhren aus Marmor, der Zoll deckte den Betrug auf.
600 weitere Kilogramm "weißes Gold" wurden in den anschließenden Ermittlungen gefunden. Insgesamt werden 30 komplette Stoßzähne und 720 Einzelstücke mit einem Gewicht von 1,2 Tonnen und im Wert von über einer Millionen Euro gefunden. Der Nabu schätzt, dass es die Überreste von mindestens 100 Elefanten sind, die Märkische Allgemeine Zeitung geht sogar von 150 Elefanten aus.
Elefanten sind eine bedrohte Tierart. In ganz Afrika leben nur noch ca. 350.000, vor 40 Jahren waren es noch 1,3 Millionen. Die größte Lebensbedrohung der majestätischen Tiere ist die Wilderei. Jährlich werden ca. 20.000 Elefanten gemordet, um ihre Stoßzähne zu rauben. Das heißt, alle 30 Minuten wird eines der Tiere geschlachtet. Der WWF schätzt, dass mit dem illegalen Handel von Elfenbein jährlich 20 Milliarden Doller verdient werden. Im Vergleich dazu mutet der Cottbusser Fall eher klein an. Tatsächlich ist es aber der größte Fund illegalen Elfenbeins in Deutschland jemals.
Das volle Strafmaß für eine solche Straftat liegt bei 5 Jahren Gefängnis. Dementsprechend enttäuscht sind Tierschützer von den milden 1 2/3 Jahren auf Bewährung:
Das sei ein „Armutszeugnis“ sagt die Leiterin für Internationalen Artenschutz vom NABU Barbara Maas.
„Enttäuschend“ findet Daniela Freyer von der Tierschutzorganisation Pro Wildlife das Urteil
Heike Henderson von Future for Elephants fürchtet sogar eine Sogwirkung für andere Schmuggler
Einzig der Artenschutzexperte vom WWF Arnulf Köhnke kann dem Urteil ein „positives Signal“ abgewinnen, schließlich sei der Schmuggler schuldig gesprochen worden.
Warum ist das Urteil so milde ausgefallen? Das hängt damit zusammen, dass nicht jeder Handel mit Elfenbein automatisch illegal ist: Wenn das Elfenbein aus einer Zeit vor 1947 stammt, ist er grundsätzlich legal. Wenn es vor 1989 stammt, also knapp 30 Jahre alt ist, braucht es zwar ein Zertifikat, ist dann aber auch legal.
Bei dem Cottbusser Fall konnten 13 Stoßzähne eindeutig zugeordnet werden: Sie stammen von Elefanten, die nach 1989 getötet wurden – ihre Stoßzähne wurden somit illegal nach Deutschland geschmuggelt. Bei dem übrigen Besitz bleibt offen, ob das Elfenbein seinen Weg legal oder illegal nach Deutschland gefunden hat.
13 illegale Stoßzähne – ob das viel oder doch eher wenig ist, da gehen die Meinungen der Medien auseinander:
„zumindest 13 der insgesamt 30 […] Stoßzähne [stammten] von besonders geschützten Populationen“ schreibt die Süddeutsche Zeitung und folgert, dass „der Handel daher illegal sei“.
Gemäß Deutschlandfunk hingegen „konnte […] die Herkunft des Elfenbeins nur bei 13 Stoßzähnen bestimmt werden“.
Der rbb schließlich dreht den Spieß um und spricht nicht von dem illegalen, sondern von dem legalen Anteil, wenn er schreibt, dass „ein Großteil des Elfenbeins bereits sehr alt sei“. Der rbb schreibt, dass dies den „Mann teilweise entlastet“ habe.
Ob das Urteil angebracht ist, bleibt also eine Frage der Perspektive.
Quellen
(2020, 12. November) Bewährung für Elfenbein-Schmuggler: Tierschützer enttäuscht. Süddeutsche Zeitung. Abgerufen am 15.11.2020 von https://www.sueddeutsche.de/panorama/kriminalitaet-cottbus-bewaehrung-fuer-elfenbein-schmuggler-tierschuetzer-enttaeuscht-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-201111-99-299169
(2020, 12. November) Bewährungsstrafe für Elfenbeinschmuggler. Rbb24. Abgerufen am 15.11.2020, von https://www.rbb24.de/studiocottbus/panorama/2020/11/cottbus-landgericht-elfenbein-schmuggel-handel-prozess-urteil.html
(2020, 12. November) Zu mildes Urteil im „Elfenbein-Prozess“ von Cottbus – 1,2 Tonnen Elfenbein: Verbände fordern deutliches Zeichen gegen illegalen Wildtierhandel. NABU. Abgerufen am 15.11.2020, von https://www.presseportal.de/pm/6347/4761589
(2020, 29. Oktober) Prozessbeginn: Mann soll 1,2 Tonnen Elfenbein geschmuggelt haben. Redaktionsnetzwerk Deutschland. Abgerufen am 15.11.2020, von https://www.rnd.de/panorama/prozessbeginn-mann-soll-12-tonnen-elfenbein-geschmuggelt-haben-57Z7SZKDBPF5FQQ3OMXLB6APIM.html
(2020, 12. November) Bewährungsstrafe wegen illegalen Elfenbeinhandels. Märkische Allgemeine Zeitung. Abgerufen am 15.11.2020, von https://www.maz-online.de/Brandenburg/Cottbus-Staatsanwaltschaft-beantragt-Bewaehrungsstrafe-fuer-Elfenbeinschmuggel
Christoph Richter (2020, 13. November) Naturschützer befürchten Sogwirkung durch mildes Urteil. Deutschlandfunk. Abgerufen am 15.11.2020, von https://www.deutschlandfunk.de/elfenbein-schmuggel-naturschuetzer-befuerchten-sogwirkung.697.de.html?dram:article_id=487483
Commentaires