Wer am Preußenpark in Berlin Wilmersdorf vorbei schlenderte, konnte es riechen: Frittierte Teigtaschen und Bananen, Süßkartoffel-Bällchen und Erdnusssoße. Jedes Wochenende zwischen April und Oktober tummelten sich auf der Wiese die bunten Sonnenschirme, darunter große und kleine Grills, Frauen und Männer, die auf Bastmatten hockten oder auf einem mitgebrachten Campingstuhl. Sie redeten laut, von Schirm zu Schirm hinweg miteinander, während auf den Grills das Essen brutzelte und sich lange Schlangen bildeten: Das ist die Thai-Wiese.
In den 1990er Jahren trafen sich im Preußenpark ein paar Thailänder und zockten um Geld, so erzählt es ein langjähriger Verkäufer dem Tagesspiegel. Die Polizei kam und vertrieb die Zocker vorläufig, doch am nächsten Tag waren sie wieder da. Schließlich überlegten sie sich als Vorwand zu picknicken. So entstand vor über 20 Jahren die Thai-Wiese: Damals war es ein Picknick-Treff thailändischer Familien.
Heute (vor Corona) konnte man an bis zu 100 Ständen günstiges und authentisches Essen kaufen. Die Händler zahlten dafür keine Steuern, hielten sich an keine Hygienevorschriften und verstießen gegen die Parkordnung. Der Rasen war von den Grills zerstört, Müll blieb oft liegen. Die Thai-Wiese war historisch gewachsen und nie legalisiert worden. Besucher konnten das schnell vergessen: Zu gut schmeckte das Essen, zu familiär war die Stimmung.
Aber seit Jahren plant der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, die Thai-Wiese zu legalisieren. Damit will die Bezirksregierung den klagenden Anwohner gerecht werden, aber auch den Verkäufern und Käufern.
Am 16.10.2020 hat das Bezirksamt in einer Pressemitteilung den offiziellen Umbau angekündigt. Die Thai-Wiese soll legalisiert werden und im Frühjahr 2022 in einen neuen Normalbetrieb starten. Die Veränderungen könnten das Picknick vermiesen:
Es gibt einen offiziellen Titel: „Thai-Streetfoodmarkt“
Anstatt 100er Markstände, soll es nur noch 60 Stände geben.
Der Markt wird von einem offiziellen Betreiber organisiert.
Die Marktstände müssen den lebensmittelrechtlichen Vorschriften entsprechen – das heißt Grill, Bastmatte und Campingstuhl reichen nicht mehr aus.
Die Verkäufer müssen eine Standgebühr zahlen und sich vorher anmelden.
Neben diesen behördlich-regulierenden Maßnahmen setzt das Konzeptpapier auch auf Zero-Waste: Es soll ein zirkuläres Pfandsystem etabliert werden. Plastikgeschirr und -Besteck darf keines mehr benutzt werden.
Der Bezirk plant 1,5 Millionen Euro für den Umbau des Parks. 2021 beginnen die Bauarbeiten, der Markt läuft dabei provisorisch weiter. Wer aber 2022 im Preußenpark noch seinen Schirm aufspannen will, muss sich noch zeigen.
Quellen
Der Thaipark. Abgerufen am 18.10.2020, von https://thaipark.de/thaipark.html
Cay Dobberke. (2020, 29. Februar) Wie sich der Thai-Markt im Preußenpark verändern soll. Der Tagesspiegel. Abgerufen am 18.10.2020, von https://www.tagesspiegel.de/berlin/diskussion-um-streetfood-verkauf-in-wilmersdorf-wie-sich-der-thai-markt-im-preussenpark-veraendern-soll/25596444.html
Alexander Langer (2017, 12. August) Ein Wochenende auf der Anarcho-Wiese. Der Tagesspiegel. Abgerufen am 18.10.2020, von https://www.tagesspiegel.de/berlin/thaifood-markt-in-berlin-mit-dem-wetter-steigt-die-stimmung/20149246-2.html
(2020, 18. Oktober) Wilmersdorfer Thai-Wiese wird zu offiziellem „Thai-Streetfoodmarkt“. RBB. Abgerufen am 18.10.2020, von https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2020/10/thai-wiese-berlin-wilmersdorf-preussenpark-streetfood-markt.html
(2020, 16. Oktober) Bezirksamt beschließt Konzept für den „Thai-Streetfoodmarkt“ im Preußenpark. Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf. Abgerufen am 18.10.2020, von https://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/aktuelles/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.1005000.php
(28.09.2020) Konzept für den zukünftigen Thai-Streetfoodmarkt. Berzirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf. Heruntergeladen am 18.10.2020, von https://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/verwaltung/beauftragte/integration/teilhabe-im-quartier/begegnungen-664341.php
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