Im Juli 2020 hat der Bundestag angekündigt, Presseverlage mit einer Summe von bis zu 220 Millionen Euro zu fördern.
Denn Zeitungsverlage stecken bundesweit in der finanziellen Krise: Einerseits sinken die Auflagen von gedruckten Zeitungen, was wiederum die Produktionskosten steigen lässt. Andererseits sind im Internet viele LeserInnen (noch?) nicht bereit, für Journalismus auch zu zahlen.
Das Bundeswirtschaftsministerium hat deshalb im Juni eine „Förderung der digitalen Transformation des Verlagswesens“ angekündigt und dafür 220 Millionen Euro bereit gestellt – aber zunächst kein Konzept vorgelegt. Das hat das Ministerium jetzt nachgeholt:
Kern des vierseitigen Konzeptpapiers ist die Versicherung, dass die Redaktionsarbeit unbeeinflusst bleibt, auch wenn die Verlage Geld vom Staat bekommen. Das Geld soll nur in die Infrastruktur der Verlage fließen und ganz klar keine Subventionen von redaktionellen Beiträgen sein.
Verteilt werden soll das Geld unter den Verlagen nach einem „objektiven Förderschlüssel“, der noch zu entwickeln bleibt. Allerdings sind die Zahlungen an Eigeninvestitionen geknüpft, das heißt es bekommt nur Fördergelder, wer selbst bereits Geld locker macht: Der Verlag muss 55 % der Investitionskosten stemmen, dann bekommt er die offenen 45 % bezuschusst. Kritiker bemängeln deshalb, dass die Förderung nur großen Verlagen etwas nützt, die genug Eigenkapital haben. Diese Kritik gilt auch für die generelle Vergabe der Fördergelder, die nämlich an die Auflage der Verlage geknüpft wird. Soll heißen: Wer eine größere Auflage hat, bekommt mehr Fördergelder.
Alles in allem ist die Kritik an dem Konzeptpapier groß, von ExpertInnen, InteressensvertreterInnen und der Opposition. Ein paar Eindrücke:
„sehr grob“ (Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger)
„erschreckend wenige Vorstellungen davon, wie man überhaupt Wirkungen der Förderungen erzielen will“ (Frank Lobigs, Medienökonom TU Dortmund)
„Alles andere als zukunftsgerichtet“ (Die Grünen, Margit Stumpp)
„Innovationen lassen sich auch mit viel Geld nicht erzwingen“ (FDP, Thomas Hacker)
Alternativvorschläge gibt es viele: Zum Beispiel die Verlage von der Mehrwertsteuer zu befreien. Oder ein Genossenschaftsmodell, gemäß dem die LeserInnen genossenschaftliche Anteile an ihrer Zeitung kaufen. Oder journalistische Projekte als gemeinnützige Projekte anzuerkennen und so Steuervorteile zu ermöglichen.
Das Konzept des Bundeswirtschaftsministeriums ist noch nicht final. Die Verlage müssen sich weiter gedulden, während das Ministerium jetzt ausbessert.
Quellen
Christoph Sterz (2020, 07. Juli). Die Verlagsförderung des Bundes. Deutschlandfunk. Abgerufen am 01.11.2020 von https://www.deutschlandfunk.de/geld-vom-staat-die-verlagsfoerderung-des-bundes.2907.de.html?dram:article_id=480074
Christop Sterz (2019, 25. Juni). Wenn wir alle für Lokaljournalismus bezahlen. Deutschlandfunk. Abgerufen am 01.11.2020 von https://www.deutschlandfunk.de/oeffentliche-foerderung-von-verlagen-wenn-wir-alle-fuer.2907.de.html?dram:article_id=452211
Christoph Sterz und Michael Borgers (2020, 29. Oktober). Deutschland steigt in die direkte Presseförderung ein. Deutschlandfunk. Abgerufen am 01.11.2020 von https://www.deutschlandfunk.de/millionenhilfe-fuer-verlage-deutschland-steigt-in-die.2907.de.html?dram:article_id=486614
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